ÖFFENTLICHKEITSARBEIT

Plasmen für alle

Zahlreiche Alltagstechnologien würde es ohne Plasmen nicht geben. Die Teams der Sonderforschungsbereiche wollen das Wissen über ihre Relevanz in die Öffentlichkeit tragen.

Ein Experiment aus dem Plasmatruck: Zwischen zwei Elektroden wird ein Plasma gezündet. In regelmäßigen Abständen entstehen durch beschleunigte Elektronen Plasmaschichten. © Damian Gorczany

Mit dem Plasmatruck zur Schule

Die Plasmaforscherinnen und -forscher der RUB engagieren sich seit vielen Jahren, um Schülerinnen und Schülern verschiedener Jahrgangsstufen Plasmen näherzubringen. „Im Physikunterricht werden zwar teils Experimente gemacht, bei denen Plasmen im Einsatz sind, aber das Wort Plasma taucht im Lehrplan gar nicht auf“, erklärt Science-Managerin Dr. Marina Prenzel. Um Schülerinnen und Schüler der Oberstufe mit dem Konzept eines Plasmas vertraut zu machen, hat das SFB-Team in Zusammenarbeit mit Physik- Didaktikern um Prof. Dr. Heiko Krabbe verschiedene in Boxen verstaubare Plasma-Experimente konstruiert, die handlich im Kleinbus transportiert werden können. Mit ihnen können die Forschenden abwechslungsreiche 90-minütige Workshops in Oberstufenklassen abhalten, bei denen Schülerinnen und Schüler selbst experimentieren und verschiedene Anwendungsbereiche von Plasmen kennenlernen können. „So wollen wir ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Plasmen extrem wichtig für viele unserer heutigen Technologien sind“, sagt Marina Prenzel.

Schüler und Schülerinnen bewerten Forschungsprojekte

Nicht nur, was ein Plasma eigentlich ist und wo es zum Einsatz kommt, sollen Schülerinnen und Schüler erfahren können. Das SFB-Team baut derzeit zusammen mit der Physik-Didaktik auch ein Projekt auf, das die Bewertungskompetenz der Jugendlichen und jungen Erwachsenen fördern soll. Hierbei sollen Schülerinnen und Schüler Einblicke in verschiedene Plasmaforschungsvorhaben bekommen und bewerten, welche dieser Projekte sie fördern würden. Ziel ist, dabei auch zu vermitteln, wie Plasmen dazu beitragen können, die Herausforderungen der Klimaerwärmung zu meistern.

Über 20 Jahre Plasma Summer School

Seit über 20 Jahren organisieren Plasmaforscherinnen und -forscher der RUB einmal im Jahr eine internationale Summer School für Master-Studierende und Promovierende. Sie ging ursprünglich aus einem europäischen Erasmus-Projekt hervor, das die Technische Universität Eindhoven federführend eingeworben hatte. Als die Fördergelder im Jahr 2000 ausliefen, engagierte sich das RUB-Team für die Fortsetzung. „Die Schule ist eigentlich immer überbucht“, erzählt Mitorganisator Dr. Marc Böke. Die jährlich 80 bis 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie die Vortragenden kommen aus der ganzen Welt. Ziel der siebentägigen Veranstaltung ist es, ihnen Einblicke in alle wesentlichen technisch relevanten Plasmen und zugleich die Vernetzung untereinander sowie mit etablierten Forschenden des Fachs zu ermöglichen. „Einige der ehemaligen Teilnehmenden leiten mittlerweile selbst Plasmalabore“, erzählt Böke. Das RUB-Team hofft, das erfolgreiche Format trotz der Coronasituation bald wieder in Präsenz fortführen zu können.

übernommen von Julia Weiler, RUB

 
Forschung

Plasmen als Chemielabor

e kleiner ein Plasma, desto größer ist oft der Messaufbau, um es zu untersuchen. Der Aufwand lohnt sich, denn in Kubik-Millimeter kleinen Plasmen finden sich Reaktionsbedingungen wie nirgendwo sonst. Plasmen mit Atmosphärendruck sind oft nur wenige Kubik-Millimeter groß – aber trotzdem haben sie es in sich. Denn in ihnen lassen sich spezielle Nichtgleichgewichtszustände einstellen, die physikalische und chemische Prozesse erlauben, welche in keiner anderen Umgebung möglich sind. So wird das Plasma zu einer Art Speziallabor: Atome und Moleküle können darin angeregt werden, ohne dass sich ihre Umgebung erhitzt. „Solche Anregungen könnte man theoretisch auch in einem Gas erzeugen, aber dazu müsste man es auf mehrere tausend Grad Kelvin erhitzen – dann würden sich die Moleküle allerdings zersetzen“, erklärt Prof. Dr. Uwe Czarnetzki, Leiter des Lehrstuhls für Plasma- und Atomphysik an der Fakultät für Physik und Astronomie. Seit vielen Jahren entwickelt er mit seinem Team Verfahren, um die Vorgänge im Inneren von Plasmen zu untersuchen und die Plasmen zu charakterisieren. Das Besondere an Plasmen: Über elektrische Felder kann den Elektronen im Plasma Energie zugeführt werden; die Elektronen wiederum wechselwirken mit Molekülen wie Stickstoff oder Kohlendioxid und geben die Energie dabei an diese ab – die Moleküle werden angeregt, und zwar, ohne dass sich die Umgebung dabei erhitzt, wie es in einem Gas der Fall wäre. Die zu Schwingungen angeregten Moleküle besitzen wiederum eine weit höhere Reaktivität als solche im Grundzustand. Man kann also durch das Plasma die Chemie verändern beziehungsweise gewisse chemische Abläufe überhaupt erst ermöglichen. Das Plasma bietet Grundlagenforscherinnen und -forschern somit eine einzigartige Möglichkeit, um die Anregung von Molekülen und die damit verbundene Chemie fernab des thermodynamischen Gleichgewichts zu untersuchen. Uwe Czarnetzki interessiert sich daher vor allem für die Schwingungszustände von Molekülen in Plasmen.

 

Anerkennung der Forschung des Projekts A5

Projekt A5 auf der vorderen Umschlaginnenseite von Plasma Processes and Polymers

In der aktuellen Ausgabe (April 2021) von Plasma Processes and Polymers wird auf der vorderen Umschlaginnenseite Arbeit aus dem Projekt A5 des SFB 1316 zum Thema "Positive und negative Streamer-Propagation in dielektrischen Volumen-Barriereentladungen mit planaren und porösen Elektroden" vorgestellt.

Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass sich die Entladungscharakteristik von negativen Oberflächen-Streamern deutlich von der von positiven Oberflächen-Streamern unterscheidet. Während sich negative Streamer entlang der dielektrischen Oberfläche entwickeln und sich so in viel kleinere dielektrische Poren ausbreiten können, entwickeln sich positive Streamer schwebend über dem Dielektrikum.

Neue Förderung - Ruhr Konferenz

Die Plasmaforschung trägt zum neuen Forschungszentrum „Future Energy Materials and Systems“ bei

Das Land NRW wird in den nächsten Jahren im Rahmen des Förderinstruments "Ruhrkonferenz" vier Forschungszentren und ein College finanzieren. Ein Forschungszentrum „Zukünftige Energiematerialien und -systeme“ wird die Plasmawissenschaft an der RUB auf dem Gebiet der synthetischen Plasmachemie unterstützen. Die Plasmachemie ist ein zentrales Thema im CRC 1316 und wird durch diese Maßnahme in den kommenden Jahren gestärkt. (Bild (c) hagenvontroja)

Projekttreffen 16./17.11.2020

Herbsttreffen des Konsortiums

Das jährliche Herbsttreffen des SFB fand online statt, um die aktuellen Fortschritte innerhalb der Projekte und deren Kooperationen zu diskutieren. Durch das Online-Format war es einfach, die Mercator-Stipendiaten in diese Diskussionen zu integrieren. Ergänzt wurde das Treffen durch einen kleinen Workshop zu Kommunikationsaspekten im Zusammenhang mit Genderfragen.

Neue Ernennung

Thomas Mussenbrock wurde an die RUB berufen

Seit dem 1. November 2020 hat Prof. Dr. Thomas Mussenbrock die Professur für Plasmatechnik an der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik inne.

Er forscht an Niedertemperaturplasmen, sowie an nanoelektronischen und nanoionischen Bauelementen. Sein Team entwickelt analytische und numerische Methoden zur Modellierung und Simulation und wendet diese im Zusammenspiel mit Experimenten an. "An der Ruhr-Universität Bochum finde ich dafür die idealen Bedingungen", erklärt Thomas Mussenbrock. "Hier laufen die Experimente direkt nebenan. Ich kann sie live verfolgen und Rückschlüsse für unsere Simulationen ziehen, die sich wiederum positiv auf die nächsten Experimente auswirken. Konkret geht es oft darum, Energie effizient und gezielt in ein Plasma zu bringen. Unser Ziel ist es, nur ganz bestimmte Teilchen anzuregen." Für Thomas Mussenbrock dreht sich ein Großteil seiner Arbeit um den Transport von Energie und Materie. "Wir wollen das makroskopische Verhalten der Systeme auf Basis der mikroskopischen Dynamik der beteiligten Atome, Moleküle, Elektronen und Photonen verstehen", erklärt der Forscher.

Im Detail spielen Plasmen zum Beispiel bei der Herstellung von mikroelektronischen Bauteilen und Schaltungen eine entscheidende Rolle. "Mehr als 70 Prozent aller Fertigungsschritte sind plasmagestützt", sagt Thomas Mussenbrock. "Nicht umsonst heißt es: No plasma, no iPad."

Der Lehrstuhl für Plasmatechnik ist unter anderem an zwei Sonderforschungsbereichen beteiligt. Dabei handelt es sich um den Sonderforschungsbereich SFB-TR 87 "Gepulste Hochleistungsplasmen zur Synthese nanostrukturierter Funktionsschichten" und den SFB 1316 "Transiente Atmosphärendruckplasmen - vom Plasma zu Flüssigkeiten zu Festkörpern". Darüber hinaus ist Thomas Mussenbrock an der Forschergruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft FOR 2093 "Memristive Komponenten für neuronale Systeme" beteiligt.

Neu im Team

Judith Golda als Juniorprofessorin für Plasmaphysik an Grenzflächen berufen

Die Mitglieder der Plasmagruppen am Campus begrüßen ihr neuestes Mitglied Jun. Prof. Dr. Judith Golda, die ab dem 01.11.2020 die Gruppe "Plasmaphysik an Grenzflächen" übernehmen wird. Frau Dr. Golda hat in Bochum studiert und promoviert.

Nach mehreren Auslandsaufenthalten war sie zuletzt als Gruppenleiterin an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel tätig. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich mit der Untersuchung von Nichtgleichgewichtsplasmen und deren Wechselwirkung mit umgebenden Medien wie Festkörpern oder Flüssigkeiten mit Hilfe zahlreicher spektroskopischer Techniken. Diese Themen sind nahtlos in den aktuellen SFB 1316 eingebettet.

Internationalisierung

Erfolgreiche Plasma Summer School im Jahr 2020 im Online-Format

Aufgrund der aktuellen Situation fand die diesjährige Sommerschule nicht am gewohnten Standort des Physikzentrums in Bad Honnef, sondern online statt. Das reguläre Programm bestehend aus Grundlagenvorlesungen der Plasmaphysik kombiniert mit einer Masterclass zu speziellen Themen konnte nicht wie gewohnt stattfinden. Dennoch haben sich alle Dozenten bereit erklärt, ihre Grundlagenvorlesungen über ein Online-Videoformat zu halten. Die Sommerschule wurde auf zwei Wochen mit zwei Vorlesungen pro Tag ausgedehnt. In diesem Jahr konnten mehr Personen teilnehmen, da das Online-Format aus Regionen mit eingeschränkten Reisemöglichkeiten viel leichter zu erreichen ist.

Die Vorlesungen waren technisch einwandfrei und das Feedback von Studenten und Lehrern war sehr positiv. Viele Diskussionen und Interaktionen konnten aufgrund des hohen Engagements aller Lehrenden ermöglicht werden. Außerdem wurden zwei praktische Workshops von L. L. Alves zum Lösen der Boltzmann-Gleichung und von N. Braithwaite zur Analyse der Paschen-Kurve abgehalten.

Wir hoffen auf eine weitere Sommerschule im Jahr 2021, dann wieder in den Räumlichkeiten des Physikzentrums in Bad Honnef. Die neuesten Informationen zur Planung für 2021 werden im März 2021 auf der Homepage der Summer School veröffentlicht.

MGK Aktivität

Großes Kolloquium für April 2021 geplant

Als MGK-Aktivität des SFB 1316 für alle Doktoranden sowie PostDocs des Sonderforschungsbereichs wird ein Kolloquium organisiert, das in einem Konferenzzentrum stattfindet. Das Programm ist für zwei Tage in einem Konferenzzentrum geplant. Das Kolloquium findet im Rahmen eines informellen Formats statt, so dass intensive Diskussionen und Fragen entstehen können.

Zugehörige Doktoranden oder PostDocs aus dem SFB-TR 87 sowie aus kooperierenden Instituten sind willkommen.

Das Kolloquium ist für den 21.04. bis 22.04.2021 in Maria in der Aue in Wermelskirchen geplant.

Weitere Informationen und die Anmeldung werden über eine eigene Seite realisiert: MGK Kolloquium.

Die Organisation wird von zwei Doktoranden des SFB 1316, Jan Kuhfeld und Patrick Preissing, übernommen. Bei Fragen können beide direkt oder über Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! kontaktiert werden.